Der Gans normale Wahnsinn

Sohn wir haben Gänse bestellt! Okay Challenge akzeptiert. Die offizielle Herausforderung meines Vaters, sich mit mir in einem Gans-Battle zu messen, treibt mich in neue Spähren. Ich brauche einen Schlachtplan! Nun, nein die Gänse darf ich nicht selber schlachten – leider. Zu der Meinung, dass jeder Fleischesser fairnesshalber fähig sein sollte zu Töten, äussere ich mich vielleicht ein andermal. Eine Anmerkung für die Profiköche unter euch, bitte kreuzigt mich nicht, falls ich sündige!
Folgende Probleme gilt es zu lösen:

 

– Die Sauce
– Die Füllung
– Saftiges Fleisch
– Knusprige Haut

 

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Bilder: Gänse frisch vom Hof

 

Die Sauce

 

Okay, eine Sauce oder auch Jus genannt ist eine wichtige Basis für ein geiles Essen. Sind wir ehrlich, Geflügel ohne Sauce geht nicht. Vor allem, wenn man nicht sicher ist, ob nicht vielleicht doch ein Brikett aus dem Ofen kommt. Okay, kurzum wird besorgt was nötig ist, um eine Grundlage für eine herzhafte Sauce herzustellen. Dabei spreche ich von Geflügelfond. Nein, nicht Würfel-Geflügebouillon oder Flüssigfond aus dem Glas! Echter, selbstgemachter Fond. Dazu wird ein Poulet, zehn Poulethälse, Karotten, eine Gemüsezwiebel, ein paar Schalotten und ein Bouquet Garni aus Stangensellerie und Kräutern – hier darf man kreativ sein – mit Wasser in einen grossen, am besten den grössten, Topf gegeben. Nun köcheln lassen, lange, am besten über Nacht. Aus dem oben schwimmenden Fett und dem ausgekochten Pouletfleisch werden noch fix drei Gläschen Rillettes hergestellt, oder jedenfalls sowas ähnliches. Das ganze sieht in Bildern so aus:

 

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Bild: Hühnerhälse

 

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Bild: Gutes Werkzeug ist Pflicht

 

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Bild: Alles im Topf

 

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Bild: Los gehts mit Stufe eins

 

Nun, da der Fond bereit steht, kann man sich um die zweite Runde kümmern. Die Herstellung des Jus. Ich nehme ein weiteres Poulet und – jetzt kommt der experimentelle Teil, auf den ich später nochmal zu sprechen komme – eine Blutwurst. Diesen Fleischmix packe ich in eine Gratinform und rösten das ganze unter dem Grill im Backofen an. Ich merke an: Die Blutwurst müsste etwas später dazu.

 

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Bild: Zerhacken tut man oft

 

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Bild: Die Gratinform

 

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Bild: Ab ins Rohr – wir wollen Röstaromen

 

Ich nehme erneut den grossen Topf zu Hilfe. Darin werden Karotten, Sellerie, Schalotten und der Fleischmix angebraten und danach mit Fond abgelöscht. Wie ihr vielleicht bemerkt habt, habe ich bis jetzt kein Salz angefasst. Das hat seinen Grund, auch dazu später mehr. Zu der brodelnden Suppe gebe ich wieder ein Bouquet Garni hinzu und fülle den Topf mit Champagner auf. Ab jetzt, Einkochen, Einkochen und Einkochen. Danach noch etwas Einkochen, zwischendurch mit Fond auffüllen und weiter Einkochen. Nach 24 Stunden Reduziermarathon darf ich das ganze Gebräu durch ein feinmaschiges Sieb giessen und – richtg! Weiter Einkochen. Moooment da schwimmt erneut Fett obenauf. Das muss erst weg. Nach dem Abkühlen gelingt es mit Einweg-Spritzbeuteln die Sauce vom Fett zu trennen. Ab diesem Moment lege ich die Sauce zurück bis zum Zubereitungstag der Gans.

 

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Bild: Abgelöscht im Topf

 

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Bild: Gemüse dazu

 

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Bild: Auffüllen mit Fond

 

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Bild: Auffüllen mit Champagner

 

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Bild: Absieben

 

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Bild: Einkochen

 

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Bild: Fürs erste Fertig: Saucenbasis, Fond und Rillettes

 

Die Füllung

 

Die Füllung von Geflügel ist ein heikles Thema. Vor allem in der direkten Auseinandersetzung mit meinem Vater. Er ist und bleibt der König des Truthahns und dessen Füllung. Aber ich weiss, dass auch er auf eine Experimentalfüllung abzielt. Meine Füllung genauso. Dafür spricht schon die Aufzählung der Zutaten: Drei Blutwürste, zweihundert Gramm Foie d’oie, die frische Gänseleber, das frische Gänseherz, trockenes Baguette, vier Äpfel, Salz und Pfeffer. Blutwurst? Ja richtig gehört, Blutwurst. Mit den Gewürzen halte ich mich zurück, da jene in der Blutwurst zur Geltung kommen sollen. Fix befreie ich die Gans von ihren Flügeln und zerhacke diese. Auch der Gänsemagen wird kleingeschnitten. Angebraten in einem Topf, abgelöscht und ausgekocht mit etwas Fond, ergeben diese Teile das I-Tüpfchen in der Sauce. Jetzt finde ich noch einiges an Fett in der Gans. Auch dieses schneide ich raus und zerlasse es in einer Kasserolle, um feinstes Gänsefett zu gewinnen. Erst wird die Gans gestopft, dann zugenäht und zum Schluss mit Soja-Stärkewasser eingepinselt. Diese Lösung muss nun über Nacht eintrocknen. Der Grund dafür ist die Kruste. Dazu später mehr.

 

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Bild: Trocknende Gans

 

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Bild: Gänseherz

 

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Bild: Gänsebestandteile

 

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Bild: Ausgelassenes Fettveredeln

 

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Bild: Gänsefett

 

Saftiges Fleisch

 

Geflügelbrüste zart und saftig zu Garen ist eine Kunst. Ich verfolge die Philosophie des Garens bei tiefer Temperatur und dem anschliessenden Herstellen einer Kruste. Am Zubereitungstag mache ich Feuer. Ach ja, ich habe ganz vergessen zu erwähnen, dass ich meine Gans im Holzkohlegrill, dem Big Green Egg zubereite. Sollte ich also die Challenge gewinnen – ich hatte keinen Elektro-Backofen. Die Gans kommt also bei vermeintlichen 120°C ins grüne Ei. Für sechs Stunden. Wie ich mir gewohnt bin, steckt natürlich der Kerntemperatursensor in der Gans, um das ganze zu überwachen. Sicher ist sicher.

 

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Bild: Improvisierte Aussenküche

 

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Bild: Improvisierte Aussenküche

 

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Bild: Werkzeugkoffer

 

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Bild: Das Kochgerät

 

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Bild: Anfeuern

 

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Bild: Oh!

 

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Bild: Ohhh!

 

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Bild: Oooohhhhh!

 

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Bild: Ready, set, go!

 

Knusprige Haut

 

Die Gans ist schnell, viel zu schnell. Stunde vier und schon 63°C im Kern – da läuft was falsch. Nach kurzem Gegenmessen stelle ich fest, dass die 120°C des Deckelthermometers in Wahrheit 170°C entsprechen. Meine Gans ist in Gefahr, ich rechne mit dem zuvor erwähnten Brikett. Denn die Idee ist, die ganze Gans – nach Entfernen der Füllung – noch ein bis zwei Minuten in heissem Erdnussöl zu frittieren. Dies soll, in Kombination mit der eingetrockneten Soja-Stärke-Schicht, die Haut besonders knusprig machen. So der Plan. Hoffentlich benötige ich den Feuerlöscher nicht.

 

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Bild: Impro-Friteuse

 

Zu meiner Beruhigung köchelt nebenbei die Sauce und reduziert weiter ein. Das Salz in der Sauce kommt zum Schluss, wir wollen ja nicht die Kontrolle verlieren. Natürlich bereite ich alles in meiner improvisierten Aussenküche zu. Ausser einem Waschbecken steht mir alles zur Verfügung was ich benötige. Vater belegt die Küche, diese zu benutzen wäre mir zu einfach!

 

Bei der Gans, man stelle sich einen Güterzug im Notbremsvorgang vor, versuche ich die Tempereatur runterzufahren. Wenn Keramik mal heiss ist, ist sie halt heiss. Aber ich sehe Licht am Ende des Tunnels. Die Punktlandung scheint zu gelingen.

 

Finale

 

Siebzehn Liter heisses Öl, im Mittelalter wäre es eine Burgmauer hinuntergekippt worden, saugen sich in die Gans. Werner Biermeier, welcher meinen selbst gebauten Ganshalter wie ein Schwert bedient, und ich, mit der Suppenkelle heisses Öl über den oberen Teil der Gans giessend, bieten wir ein Schauspiel ähnlich einem legendären Endkampf römischer Gladiatoren! Hier die Bilder:

 

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Bild: Gladiatoren!

 

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Bild: Knusper, knusper, knäuschen…

 

Fest steht eines – es gibt nur Gewinner! Vielleicht ginge es auch mit weniger Aufwand, aber es war ein Testfeld und es soll Spass machen.

 

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Vaters Gänseblogpost