Das Mailänderli

(mit Rezept)
Zugegeben, Guetzlibache ist keine Männersache. Sondern die Mami-und Kids-Funwelle im Advent. Doch das ist kein Plädoyer für «Frauen zurück an den Herd». Denn Frauen finden es spannend, wenn ein Typ ganz salopp meint: «Ich backe die besten Mailänderli der Welt.» Das glauben sie nicht, und wollen deshalb ein Versucherli. Mehrere. Mit Mailänderli öffnest Du Herzen. Und gewinnst Freundinnen. Voraussetzung: Das Mailänderli sollte halbwegs qualitativ überzeugen. Ob es dann wirklich das Beste der Welt ist, na ja. Hauptsache es gibt Diskussionsstoff. Denn jede(r) mag seine oder ihre Mailänderli ein bisschen anders. Zitronig kann zu viel sein, aber auch genauso gut für Bestnoten sorgen. Süss sollten sie sein, aber auch nicht zu süss.

 

Dieser Jahrgang war etwas zu süss für meinen Geschmack. Warum weiss ich nicht, das Rezept ist immer dasselbe. Aber darauf kommen wir noch. Trotzdem behaupte ich, meine Mailänderli sind die besten. Eine Frage des Selbstvertrauens. Eine wirklich liebenswerte Freundin hats letztes Jahr auch versucht. Mehlig, kein Aroma – so ein richtiges Grossverteiler-Maischänderli. Weiss der Kuckuck, was sie da zusammengebacken hat. Aber mit etwas mehr Selbstvertrauen wäre der Zucker süsser, die Zitrone dominanter gewesen. Backen ist keine Kunst, sondern eine Herzensangelegenheit.

 

Auswallen.

Bild: Auswallen

 

Der vorgekaute gegessene Zimtstern

 

Ich backe nur noch Mailänderli. Früher versuchte ich es auch noch mit Brunsli, Magrönli und dem Star, meinem Lieblingschrömli, dem Zimtstern. Eine Saubüez. Mit einem frustrierenden Resultat: Meine Zimtsterne schmeckten durchaus perfekt, Zimtnote nur fein, mit Mandel-Background. Nicht so wie die vom Grossverteiler, die eben nur aus Zimt bestehen. Das Problem war ein anderes: Meine Zimtsterne sahen ziemlich abgelutscht und irgendwie schon einmal vorgekaut aus. Verbogene Spitzen und dann eine Glasur, als hätte jemand drauf gespuckt. Nein danke. Und schon gar nicht zusammen mit den Mailänderli auf einer Guetzliplatte.

 

Ausstechen

Bild: Ausstechen

 

Die Guetzli-Asse

 

Auch wenn mein Mailänderli das Beste der Welt ist, es gibt Besseres. Ein Kollege hat mir von den Spitzbuben seiner Frau vorgeschwärmt. Der Trick: Sie werden drei Wochen lang auf dem Estrich mürbe gelagert. Oder Liliane. Eine taffe Geschäftsfrau, immer auf Zack. Aber einmal im Advent verschwindet sie mit Ihrer Kollegin in der Küche und zaubert aus dem Backofen 20 bis 30 Sorten Weihnachtsbummi nicht nur in Top-Qualität, sondern auch wunderschön anzuschauen. Na gut, sie ist gelernte Dekorateurin. Und dann ist da noch Tante Anni. Sie fabriziert auch mit 86 noch immer das Non-Plus-Ultra auf jedem weihnächtlichen Chrömliteller: das Heinerle. Ein äusserlich simples Ding. Zwischen weisser, rautenfärmig geschnittener Oblate findet sich eine dunkle, fast schwarze Schoggimasse, die im Mund für eine wahre Geschmacksexplosion sorgt. Ein kühler Schmelz, der nur nach einem verlangt: Mehr, mehr, mehr! Das Problem: Die Heinerle von Tante Anni werden in der Verwandtschaft oft kopiert, aber nie auch nur annähernd erreicht. Ob sie aber das Rezept dieser bayrischen Spezialität aufgeschrieben hat, und es jemand bekommt – wir wissen es nicht. Jedenfalls inhaliere ich meine Heinerle von ihr jede Weihnacht wie ein Kettenraucher, der nicht weiss, ob es für ihn morgen noch einen Zug an der Zigarette gibt.

 

Vor dem Backen

Bild: Vor dem Backen

 

Die Formenvielfalt

 

So, fertig gelangweilt, jetzt backen wir Mailänderli. Das Beste der Welt. Heinerle, Zimmetstern oder Spitzbuben sind allesamt Langweiler. Raute, Stern, Puderzucker-Rundumeli mit drei Konfi-Löchern. Zum Gähnen. Beim Mailänderli ist das ganz anders. Herz, Stern, Tanne, Steinpilz, Fisch, Elch, Eichhörnchen, Elefäntli, Manöggeli, Theddybär, Säuli, Güggu, plus alle typischen runden Mailänderförmli bis hin zum stilisierten Kleeblatt. Die Posaune mag ich nicht besonders, weil lang und zerbrechlich. Die sitzende Katze ist ein Must. Manöggeli lassen sich schlecht ausstechen, der Eisbär ist auch heikel. Mein Liebling ist der geschweifte Bethlehem-Stern. Er gerät immer gut.
Allein die Aufzählung zeigt: Mailänderli sind kinderfreundlich. Dazu ist der Teig das Einfachste der Welt. Mein Rezept ist natürlich geklaut. Aus dem Berner Kochbuch. Schlägt Betty Bossy aus meinen Anfangszeiten um Längen.

 

Aus dem Ofen

Bild: Nach dem Backen

 

Im Schnelldurchlauf: Butter schaumig rühren, Zucker und eine Prise Salz zugeben, Zitronenschale reinraffeln – eine Zitrone rundum und ja nicht weniger. Ei und Eigelb reinhausen, und zuletzt das Mehl unterrühren. Fertig ist der Teig. Den ich eine Nacht lang draussen oder im Kühlschrank eingeschlagen in Folie richtig durchkühlen. Das zahlt sich beim Ausstechen aus, das ebenfalls auf Küchenfolie passiert – auf Mehl ist eine Sauerei und erhöht nur den Mehlanteil. Backpapier aufs Backblech, die ausgestochenen Mailänderli mit Eidotter bestreichen und rein in den Ofen. Bei 200 Grad solange backen, bis exponierte Spitzen, beispielsweise bei Herzen oder Sternen sich zart bräunen. Dann aber subito raus. Ebenfalls wichtig: Den Teig nie zu dünn auswallen. Die Mailänderli werden sonst sofort hart und trocken.

 

Habe fertig

Bild: Ohhhhh!

 

Und bitte keine Ablenkung beim «Mailänderlen». Dieses Jahr ist es passiert: Die Geschirrabwaschmaschine ausgeräumt, und schon war das letzte Blech hinüber. Die dunkelbraunen Dinger sind sicher eines nicht – die besten Mailänderli der Welt.

 

Für 800 g Mailänderli:
250 g Butter
Zwei Eigelb
Ein Ei
250 g Zucker
1 Löffelspitze Salz
1 Zitronenrinde
420 g Mehl
Eigelb zum Bestreichen

 

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