Big Green Egg Flavour Fair 2015

Die Schlacht ums heisse Buffet

 

Der längste Tag. Ein kühler Wind jagt an diesem 21. Juni 2015 von der Nordsee her Schauer übers Land. Doch die Invasion kommt. Ihr wird ein warmer Empfang bereitet. Verschanzt hinter 80 glühenden, grünen Eiern wartet eine hochmotivierte Truppe auf den Ansturm. Auf der weiten Wiese im holländischen Vianen, eingefasst von Laubwäldern, haben sich die Kochregimenter der Spitzen-Gastronomen und -Caterer wie auf einem Schlachtfeld zu Karrees formiert. Dort das Zelt der backenden Zunft, daneben die Gemüsefront, die mächtigen Blocks der Fleischwölfe und mittendrin als Eye Catcher die Fishermen Friends. Dazu rollen exotische Kampffahrzeuge des guten Geschmacks an: Auf einem Gefährt sind gleich zwei Big Green Eggs auf der Brücke montiert, getoppt aber noch von unserem “Grilllade” mit seinem Triple-Green-Egg-Cruiser. Die selbst konstruierte, autarke Komplett-Küche, über 750 Kilometer aus der Schweiz herangekarrt, ist ein harter Kontrast zu den zerdepperten, ausrangierten Wellblech-Renault-Kastenwagen, die als bunt lackierte Verkaufsstände für Getränkechips dienen. Denn wer sich durch die rund 60 Degustationsstände des Big-Green-Egg-Festivals bei Vianen durchfuttern will, kann das mit 39 Euro Eintritt. Getränke extra gibt es an zwei Ständen, und das recht günstig. Allerdings irritieren mich die Mini-Bierchen – hälftig nur Schaum im Zahnputzglas – in einem Land, das den Hasch-Konsum seit langem legalisiert hat.

 

Grill-Anhänger

Bild: Der Grilllade Big Green Egg Anhänger in Holland an der Flavour Fair 2015

Bild: Egg-Truck

 

Dazu haben sich einige Spezialisten installiert. Hinten in der Ecke gibts halbstündige Work-Shops auf grossen Bildschirmen, komplettiert mit Life(style)-Propheten aus der heimischen Haute-Cuisine-Szene am Mikrophon. Ein führendes holländisches Gastro-Unternehmen hat unter einem luftigen Holzlatten-Dach eine reich geschmückte Festtafel für Intervall-Diners eingerichtet. Heikel. Denn nun setzt der Bindfadenregen richtig ein. Und die knapp ausstaffierten Promotions-Nixen am Champagnerstand nebenan scheinen nicht 15-grad-tauglich zu sein. Doch die Schlacht ums heisse Buffet kann beginnen.

 

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Bild: Geschmückte Festtafel für Intervall-Diners

 

Die Holländer sind hart im Nehmen. Am späten Vormittag bilden sich erste Knäuel von Häppchenjägern vor den kleinen Spanschachteln mit den Delikatessen, die jedes einzelne Team liebevoll kreiert und unter den grünen Keramikhauben realisiert hat. Nur die Jungs ganz in Weiss, Chirurgen gleich mit gleissendem Stahl Austern knackend, kommen ohne die Glut im Ei aus. Doch gerade hinter den dekorativen Auslagen mit Lachs, Loup de Mer und Brassen ist  Köpfchen gefragt. Nicht alle Fische passen ins Big Green Egg und müssen deshalb vorgängig zu runden Kränzen gebunden werden. Die Degustation erfolgt diszipliniert, kein Drängeln, nirgends ein böses Wort. Alle sind aufgestellt, freuen sich auf die überraschenden Geschmackseindrücke, die sie bald geniessen dürfen. Besonders bei den Fischen und Meerfrüchten ist der Andrang gross, Geduld gefragt. Doch es lohnt sich, auch wenn manches Meermüsterchen etwas heisser  besser zu verkosten gewesen wäre. Aber die Nordseewinde rütteln an den Zelten, obwohl sich nun zusehends die Sonne blicken lässt.

 

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Bild: Die Austernknacker

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Bild: Interssierte Esser

 

Bei den Gemüse-Gastronomen orte ich den einzigen Overkill: Spargel gehört für meinen Geschmack definitiv nicht auf den Grill. Dafür zieht die Fleisch-Phalanx alle Register der Kunst. Im Mittelpunkt steht das optimale Produkt. Wagyu, Irish Beef oder Black Angus? Eine junge Frau, eher Mädchen, macht sich gekonnt an ganzen Vierteln des Limousin-Rinds zu schaffen, zerlegt sie zu mundgerechten Degustations-Happen. Geflügel oder Lamm wird kaum zelebriert, und nach einer regelrechten Schlemmer-Orgie durch Rind mit Kräutern, Gemüsen und Saucen muss ich den Tagessieg eindeutig an den Dortmunder Spitzenkoch Heiko Antoniewicz vergeben. Für seinen sous-vide gegarten und dann leicht gerillten Schweinebauch, abgerundet mit einer Salsa verde, bin ich gleich zweimal angestanden…

 

Heiko Anton

Bild: Heiko Antoniewicz (links) mit seinen Feuereiern

 

Im VIP-Zelt befeuert eine Bande junger Wilder, ganz in Schwarz mit geknoteten Kopftüchern, Big-Green-Egg-Reihen, was das Zeug hält. Hier wird geklotzt – sowohl mit Experimentierlust als auch Zutaten. Eindrücklich die Rindsburger mit Foie gras – doch für mich bleibt Antoniewicz vorne. Hier trifft sich die Welt von Big Green Egg zu Small talk bei Häppchen und Wein. Arjo van Geest, Leiter Export und CEO Wessel Budding sind ebenso da wie die bekannte Kochschulleiterin Helma Woerteboer, die auch schon fürs holländische Königshaus gekocht hat. Am Abend zuvor hatte sie in ihrem schmucken Landhaus mit Hilfe von Gastronomen aus Bulgarien, Slowenien und Estland einen fulminanten Mehrgänger für uns zu Tische gebracht – natürlich nur auf dem Big Green Egg zubereitet.

 

Mit von der Partie unser Schweizer Importeur John Daly, der zusammen mit seinem Koch Jan Munnikhuizen auch unser “Grilllade”-Monster mit Munition für den Schweizer Auftritt versorgt hatte. Am Sonntag erwies sich dann die Rösti als etwas störrisch, wenn sie kross gebraten das Egg verlassen sollte. Dennoch war der Rösti-Burger mit einem “Deckel” von Kalbsbrät und Pfifferlingen und je einem aufgepflanzten Schweizer Fähnchen für die holländischen Standgäste ein “gefundenes Fressen”. In vier Stunden jedenfalls wurden die 1000 Portionen fortgeputzt und noch mitten im Nachmittag kamen die drei Big Green Eggs wieder zur Ruhe.

 

Bild: Das Schweizer Menu – Rösti-Burger mit einem “Deckel” von Kalbsbrät und Pfifferlingen

 

Ein Problemchen gab dann doch noch: Viele holländische Fans wollten mehr zur Rezeptur der gerade erfundenen Schweizer Spezialität wissen. Rösti – das geht ja noch. Pfifferlinge sind selbsterklärend. Aber unser geiles Kalbsbrät, das bei jeder St. Galler Bratwust den Senf überflüssig macht? Das behalten wir lieber für uns. Wie die Löcher im Emmentaler. Sonst versuchen sie noch mit Gouda oder Edamer ein Fondue zu köcheln. Hauptsache aber – auf dem Big Green Egg.

 

Masters of Flavour

 

Masters of Flavour

 

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Autor und Sohnemann

Bild: Autor und Sohnemann

 

Video: Zur Verfügung gestellt von http://www.cookwithme.at/